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Studientag mit Hermann Lührs – Im Rahmen eines Studientages der Mitarbeiterseite der Bayer. Regional-KODA Ende Mai in Wertach erläuterte der Soziologe Dr. Hermann Lührs die Geschichte der Arbeitsrechtssetzung. Das Tarifvertragsmodell mit den regelmäßigen Verhandlungen ist der eigentliche „Dritte Weg“ der den friedlichen Ausgleich zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberinteressen schafft. Diesen „Dritten Weg“ hat die Kirche als Konsensmodell für sich adaptiert. (Markus Schweizer)

Die Mitarbeiterseite der Bayerischen Regional-KODA hat im Rahmen ihrer Klausurtagung in Wertach einen Fortbildungsteil zum Thema: „Dienstgemeinschaft“ und „Dritter Weg der Kirchen“ zusammen mit Dr. Hermann Lührs, Bonn, gestaltet.

Dr. Lührs referierte über eine Studie der Fakultät für Sozial- und Verhaltenswissenschaften der Universität Tübingen, die zwei wesentlichen Themen

  • Was ist der „Dritte Weg“?
  • Was ist Dienstgemeinschaft?

zum Inhalt hatte und die gerade in der derzeitigen Situation des „Dritte Weg“ immer mehr von Bedeutung sind. Als Soziologe und Politologe, ist er selbst in der evangelischen Kirche und hier auch im System der kirchlichen Arbeitsrechtssetzung tätig. Dr. Lührs stellte die zwei Fragestellungen aus soziologischer Perspektive dar. Durch diesen „anderen“ Zugang – nicht theologisch, nicht juristisch – konnte er „von außen“ eine Darstellung des derzeitigen Systems geben, die erheblich zu einer grundsätzlichen Klärung beigetragen hat.

1.Der Dritte Weg

Wesentlich war das Aufzeigen, warum das bisherige Modell des Dritten Weges, das ca. 30 Jahre im verfasst-kirchlichen Bereich und ca. 55 Jahre im caritativen Bereich gut funktioniert hat, nicht mehr wie bisher funktionieren kann. Bislang haben die Kommissionen die Ergebnisse der Tarifverträge – entweder automatisch oder im Nachhinein - übernommen, so dass die Konfliktlösung auf der Tarifebene lag und nicht innerhalb der Kommissionsebene erfolgen musste. Mit dem Wegfall der Übernahme der Tarifverträge – so v.a. im Bereich der Caritas - werden die Konflikte in die Kommission eingebracht, gleichzeitig aber ist dieses System aufgrund seiner Struktur nicht auf Konfliktlösung ausgerichtet. Die Kommissionen haben damit eine andere Aufgabe als bisher bekommen, allerdings müssen diese im bisherigen Struktursystem gelöst werden. Die Konflikte, finanzielle Probleme, sind real, beide Seiten – Dienstgeber wie Mitarbeiter - stehen unter Druck, gleichzeitig gelten aber nicht die „weltlichen“ Mächtigkeitsinstrumente wie das System des Streiks. Dies führt dazu, dass eine Verlagerung der Konfliktlösung außerhalb der Kommission gesucht wird, ein Vorgehen, das vorwiegend auf Dienstgeberseite stattfindet. Es erfolgt eine Verlagerung der Vorentscheidung aus der Kommission heraus in die entsendenden Gremien. Dies funktioniert auf Dienstgeberseite durch entsprechende neue Strukturen innerhalb der einzelnen Diözesen und Institutionen, jedoch nicht auf Mitarbeiterseite, da es dort keine entsprechenden Strukturen gibt. Die Wahl der Mitarbeitervertreter in die KODA ist hier zwar eine Legitimation für ihre Tätigkeit, wirkt sich ab nicht auf die Mächtigkeit der Mitarbeiterseite aus. Dazu besteht ein größerer Einfluss der Dienstgeberseite auf die Gestaltung der Verfahrensordnungen. Letzten Endes führt dies dazu, dass die Mitarbeiterseite Lösungen außerhalb es bestehenden Systems suchen wird, wenn innerhalb des Systems keine Erfolge erzielt werden können.

Die Mitarbeiterseite der Bayerischen Regional-KODA sieht sehr wohl, dass die Verhältnisse im Bereich der Bayer. Regional-KODA durch die Vorgabe eines Referenztarifvertrages und die Vergütungsautomatik im Verhältnis zu den meisten anderen arbeitsrechtlichen Kommissionen noch „optimal“ sind, stellt allerdings ebenfalls fest, dass auch hier bereits immer mehr die Verlagerung der Vorentscheidungen auf interne Dienstgebergremien erfolgt und die Auseinandersetzung innerhalb der KODA-Arbeitsgruppen und -Ausschüsse abnimmt. Damit wird aber bereits die Grundvoraussetzung des KODA-Systems – keine Außeneinflüsse, Weisungsfreiheit, Neutralität und Unabhängigkeit – verlassen. Die Mitarbeiterseite will diese Thematik aufgreifen und v.a. auf dem nächsten Studientag der Bayer. Regional-KODA zur Sprache bringen.

2. Die Dienstgemeinschaft

Dr. Lührs zeigte auf, dass der Begriff „Dienstgemeinschaft“ kein genuin theologischer Begriff ist, sondern aus den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts stammt und ab den 70er Jahren vorwiegend von Juristen einer neuen Deutung – als religiöses Symbol – zugeführt worden ist. Vorwiegend im katholischen Bereich findet er als religiöser Begriff Verwendung. Gleichzeitig berührt jedoch dieser Begriff die Frage der Mächtigkeit in entscheidender Weise, da er den Ausschluss von gewerkschaftlicher Tätigkeit und Arbeitskampf beinhaltet.

Dienstgemeinschaft ist dabei eben kein Begriff für die gleiche Tätigkeit aller, sondern legt auf hierarchischer Ebene fest, wie die Beziehungen innerhalb des kirchlichen Arbeitsrechtssystems – denn nur hier findet der Begriff Dienstgemeinschaft Verwendung – festgelegt sind. Er begründet keine Partizipationsmöglichkeiten kirchlicher Mitarbeiter, sondern gibt eine kirchlich-amtliche Deutung der kirchlichen Beschäftigungsverhältnisse im Verhältnis zur kirchlichen Autorität.

Die Frage ist deshalb, ob dieser Begriff in der bisherigen Deutung dazu geeignet ist, auf die derzeit bestehenden Herausforderungen echte Antworten geben zu können, die unter Berücksichtigung der kirchlichen Eigenart für beide Seiten befriedigend sind.

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