Mitarbeiterseite bekräftigt – Eine Mitteilung an die Kindertageseinrichtungen in der Diözese ‚Augsburg aus der bischöflichen Finanzkammer hat den Eindruck erweckt, dass die Teilnahme von Beschäftigten in kirchlichen Kindertagesstätten an der Demonstration der Gewerkschaft ver.di in Augsburg am 26.5.2009 kirchlicherseits missbilligt wird. Die Mitarbeiterseite in der Bayerischen Regional-KODA weist ausdrücklich darauf hin, dass die Demonstrationsfreiheit als ein Grundrecht verfassungsmäßig geschützt ist und auch durch einen kirchlichen Arbeitgeber nicht „indirekt“ eingeschränkt werden darf.
Von Beschäftigten aus dem Bereich der Kindertagesstätten in Augsburg wurde mitgeteilt, dass ein Schreiben der Bischöflichen Finanzkammer in Augsburg ausdrücklich darauf hinweist, dass der „Aufruf der Gewerkschaft ver.di für die Kindertageseinrichtungen in Trägerschaft der Pfarrkirchenstiftungen in der Diözese Augsburg keinerlei Bedeutung hat.“ Eine Teilnahme an der von ver.di am 26.5.2009 in Augsburg angestrebten Demonstration für bessere Arbeitsbedingungen im Sozial- und Erziehungsdienst kann daher nicht dadurch Unterstützung finden, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in kirchlichen Kindertagessstätten während ihrer Arbeitszeit an der Demonstration teilnehmen.
Diese sachlich richtige Aussage wurde allerdings insoweit ergänzt, dass auch von einer Teilnahme als Privatperson nach Möglichkeit abgesehen werden sollte.
Diese zusätzliche Aufforderung durch den Arbeitgeber verletzt nach Auffassung der Mitarbeiterseite in der Bayerischen Regional-KODA das auch dem kirchlichen Arbeitgeber vorgegebene verfassungsrechtlich geschützte Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit. Dieses Grundrecht erfordert, dass keinerlei Einschränkungen durch Dritte erfolgen dürfen. Ebenso widerspricht die Aufforderung der Arbeitgeber Art 6 der Grundordnung des kirchlichen Dienstes, der ausdrücklich festhält, dass sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des kirchlichen Dienstes in Ausübung ihrer Koalitionsfreiheit als kirchliche Arbeitnehmer zur Beeinflussung der Gestaltung ihrer Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen in Vereinigungen (Koalitionen) zusammenschließen können, diesen beitreten und sich in ihnen betätigen können. Das kirchliche Selbstbestimmungsrecht gemäß Art. 140 GG i.v.m. Art. 137 Abs. 3 WRV geht von der Konkordanz des kirchlichen und staatlichen Bereichs aus, geht also selbstverständlich davon aus, dass staatliche Grundrechte in der Kirche eingehalten werden, sofern nicht eine Güterabwägung erforderlich ist. Durch die Teilnahme an einer Demonstration für bessere Arbeitsbedingungen wird das kirchliche Selbstverständnis jedoch nicht in seinen Grundfesten erschüttert. Für die christliche Soziallehre ist die Teilnahme an Demonstrationen zur Verbesserung von Lebens- und Arbeitsbedingungen selbstverständlich.
So kann die Aufforderung der Arbeitgeber, dass auch von einer Teilnahme als Privatperson nach Möglichkeit abgesehen werden sollte, als Drohung oder zumindest als Missbilligung verstanden werden, wenn Beschäftigte trotzdem in ihrer Freizeit an der Demonstration teilnehmen.
Besonders problematisch ist die Begründung für diese Arbeitgeberaufforderung. Im Schreiben wird darauf hingewiesen, dass „die von der Gewerkschaft ver.di angestrebten tarifvertraglichen Verbesserungen … zunächst nur die Kindertageseinrichtungen in kommunaler Trägerschaft“ betreffen. “Das kollektive Arbeitsvertragsrecht für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den bayerischen (Erz-)Diözesen wird bekanntermaßen durch die sog. Bayerische Regional-KODA geschaffen. Ein Tarifabschluss im kommunalen öffentlichen Dienst hat keine unmittelbare Bedeutung für unsre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, auch wenn gerne festgehalten werden kann, dass das kirchliche Arbeitsvertragsrecht wesentlich auf den tarifvertraglichen Regelungen des öffentlichen Dienstes beruht.“
Diese Aussage ist sachlich falsch.
Zunächst ist auf den Grundsatzbeschluss der Freisinger Bischofskonferenz vom 14./15.3.2007 hinzuweisen:
„Die bayerischen Bischöfe beauftragen die Bayerische Regional-KODA gemäß Art. 7 der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse mit der weiteren Gestaltung des auf der Grundlage der Tarifverträge des Öffentlichen Dienstes im Freistaat Bayern stehenden Arbeitsvertragsrechts der bayerischen (Erz-)Diözesen (ABD) als einheitliches, regionales und eigenständiges kirchliches Arbeitsvertragsrecht.“
Damit ist eine klare Aufforderung der bayerischen Bischöfe gegeben, auf der Grundlage der Tarifverträge des Öffentlichen Diensts im Freistaat Bayern das kirchliche Arbeitsvertragsrecht ABD zu gestalten.
Diese Vorgabe wurde von der Bayerischen Regional-KODA kollektivrechtlich in dreifacher Weise konkretisiert:
- Die weitere Gestaltung des Arbeitsvertragsrechts der Bayerischen (Erz-)Diözesen orientiert sich am Tarifvertrag (TVöD – Fassung VKA) für die Beschäftigten der Arbeitgeber, die Mitglieder des kommunalen Arbeitgeberverbandes Bayern sind.
- Änderungen der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit im Tarifvertrag (TVöD – Fassung VkA) für die Beschäftigten der Arbeitgeber, die Mitglieder des kommunalen Arbeitgeberverbandes Bayern sind, werden zum jeweiligen Zeitpunkt ihres In-Kraft-Tretens Bestandteil des ABD, soweit die Bayerische Regional-KODA nichts anderes beschließt.
- Bestandteil des ABD werden zum jeweiligen Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens im TVöD – Fassung VKA die Einführung oder Änderung
a) der Tabellenentgelte in der Entgelttabelle des TVöD – Fassung VKA,
b) des für das Leistungsentgelt zur Verfügung stehenden Gesamtvolumens der ständigen Monatsentgelte des Vorjahres (§ 18 TVöD-Fassung VKA),
c) der Werte der Bemessungsgrundlage für die Jahressonderzahlung (§ 20 Abs. 2 TVöD – Fassung VKA),
d) sonstiger Entgeltbestandteile, die in einem den TVöD-Fassung VKA ändernden oder ergänzenden Tarifvertrag geregelt werden, insbesondere Einmalzahlungen, soweit die Bayerische Regional-KODA nichts anderes beschließt.
Damit ist eindeutig festgelegt, dass von der Gewerkschaft ver.di in Tarifverhandlungen für kommunale Beschäftigte in Bayern erreichte Verbesserungen, die im TVöD-VkA ihren Niederschlag finden, in Bezug auf Arbeitszeit- und Entgeltregelungen automatisch Bestandteil des ABD werden. Darüberhinaus ist festgelegt, dass auch die weiteren Regelungen von wesentlicher Relevanz für die Weiterentwicklung des ABD sind.
Für die kirchlichen Beschäftigten ist es deshalb im eigenen Interesse, entsprechende Aktionen und Demonstrationen zu unterstützen, da sie erhebliche Auswirkungen auf ihre eigene wirtschaftliche Situation haben können.