Bericht aus der Sicht der Mitarbeiterseite – Entwickelt sich die Frage der Altersteilzeit für Lehrkräfte an Schulen in kirchlicher Trägerschaft zur Gretchenfrage? Die Ständige Arbeitsgruppe Lehrer in der Bayer. Regional-KODA jedenfalls hat sich in ihren beiden letzten Sitzungen mit der Frage beschäftigt, ob die Orientierung am bayerischen Beamtenrecht bleiben oder ob verstärkt das Angestelltenrecht zur Geltung kommen soll. Angesichts der Dienstrechtsreform im Freistaat Bayern ergibt sich daraus eine besondere Aktualität.
Bericht von der 9. und 10. Sitzung der Ständigen Arbeitsgruppe Lehrer (StAGL) in der Bayerischen Regional-KODA am 16.09.2010 sowie am 20. bzw. 25.10.2010 in München
Seit der 147. VV haben zwei Sitzungen der Ständigen Arbeitsgruppe Lehrer stattgefunden, am 16.9.10. und am 20.10.10. Wesentliches Thema war die Fragestellung zum Vorgehen bei der Umsetzung der bayerischen Dienstrechtsreform für Beschäftigte als Lehrkräfte an Schulen in kirchlicher Trägerschaft.
Die wesentlichen TOPs der 9. Sitzung der StAGL am 16.09.2010:
Die Ständige Arbeitsgruppe Lehrer spricht sich dafür aus, die aus ihrer Sicht offenen Fragen im Zusammenhang mit der Dienstrechtsreform anhand einer gemeinsam erstellten Liste abzuarbeiten. Eine erste Themensammlung wurde hierzu erstellt.
Allerdings wurde ein wesentlicher Top, die Altersteilzeitregelung für Lehrkräfte, Übernahme der Regelung für Beame in Bayern, der von Vertretern der angestellten Lehrer beantragt worden war, vertagt, da er nochmals auf Dienstgeberseite besprochen werden soll. Dies war das 5. Mal seit dem 17.9.2009, dass dieser TOP auf der Tagesordnung stand.
Die MAS informiert auf der Sitzung darüber hinaus, welche Themen bei der letzten Sitzung der Arbeitsgruppe „Novellierung der Regional-KODA-Ordnung“ speziell für die StAGL von Bedeutung ist:
Es wurde eine Neuregelung des Lehrerwahlvorstandes angedacht. Der Lehrerwahlvorstand soll aus fünf Lehrern bestehen, die von den Vorsitzenden der für die Lehrkräfte an kath. Schulen zuständigen DiAGen gewählt werden sollen.
Es ist der Wunsch aus der Dienstgeberseite vorgetragen worden, dass die neue StAGL künftig aus acht Mitgliedern gebildet werden soll. Hier gibt es noch sehr unterschiedliche Meinungen. Für die Mitarbeiterseite bedeutet dies, dass drei Personen als Lehrervertreter zu wählen sind und zusätzlich der Vorsitzende der KODA-Dienstnehmerseite Mitglied sein sollen.
Die Mitglieder der StAGL auf Dienstnehmerseite sollen künftig ab 1.9.2011 Anspruch auf eine Freistellung von 40% der UPZ einer vergleichbaren vollbeschäftigten Lehrkraft haben, mindestens aber 10 Std., damit die zwei erforderlichen freien Tagen für KODA-Arbeit für die Dienstnehmervertreter sichergestellt werden können.
Wesentliches aus der 10. Sitzung der StAGL am 20. und 25.10.2010:
Zum 6. Mal war der TOP Altersteilzeit auf der TO und wiederum signalisierten die DG, dass sie diesem Antrag nicht ohne weiteres zustimmen können.
Es ergab sich eine ausführliche Diskussion über die Richtlinien für die weitere Arbeit der StAGL:
Im Grundlagenbeschluss der Freisinger Bischofskonferenz vom 05.03.1997 ist zu lesen:
„Die Vergleichbarkeit der arbeitsvertraglichen Regelungen der Lehrer als Angestellte an Schulen in kirchlicher Trägerschaft mit den Regelungen und Leistungen des öffentlichen Dienstes für Lehrer im Freistaat Bayern ist unter Berücksichtigung der staatlichen Ersatzleistungen aufrechtzuerhalten, soweit keine kirchenspezifischen Gründe dagegenstehen.“
Da fast alle Lehrkräfte des Freistaats Bayern im Beamtenverhältnis stehen, kann nach Auffassung der Mitarbeiterseite damit nur die Vergleichbarkeit mit den verbeamteten Lehrkräften im Freistaat Bayern angezielt sein.
Die Lehrerkommission und die seit 2008 bestehende „Ständige Arbeitsgruppe Lehrer“ hat seit 1998 mit der SR-2l und später der SR-L innerhalb des ABD ein Regelwerk geschaffen, das diese Nähe zum verbeamteten Lehrer möglichst eng widerspiegelt. Eine Bewertung der SR-L zeigt, dass alle wichtigen ABD-Regelungen auf Lehrerspezifika hin verändert wurden, dass die SR-L ein eigenständiges Vertragswerk innerhalb des „ABD-Mantels“ darstellt.
Viele dieser lehrerspezifischen Regelungen innerhalb der SR-L bleiben deshalb auch hinter den ABD-Regelungen deutlich zurück:
- für die Lehrkräfte an kirchlichen Schulen gilt die Arbeitszeit der Beamten, also in den vergangenen letzten sechs Jahren die 42 Stunden-Woche (Angestellte haben die 39-Std-Woche)
- vollbeschäftigte Lehrer müssen zusätzlich bis zu 3 Wochenstunden unbezahlte Mehrarbeit pro Monat leisten
- ihre Bezahlung erfolgt nach der A-Tabelle und nicht nach TVöD
- sie können einem verpflichtenden Arbeitszeitkonto nicht widersprechen
- für Lehrer gilt eine eigene Beförderungsordnung
- die Jahressonderzahlung und die Jubiläumszuwendung richten sich ebenfalls nach den staatlichen Vorgaben
Die Dienstnehmerseite hat bisher versucht, möglichst nahe den verbeamteten Lehrer des Staates zum Vorbild zu nehmen und keine „Rosinenpickerei“ zu betreiben, damit aber auch alle Nachteile zu akzeptieren, selbst offensichtliche gravierende Systembrüche wie den Einbehalt des in die A-Besoldung eingebauten Anteils für den staatlichen Pensionsrücklage-Fonds, der für Angestellte wegen der Rentenversicherungs- und Zusatzversorgungszahlungen nicht relevant ist. Dieser stellt eindeutig ein „Sparpotential“ für den Arbeitgeber dar.
Bei der Altersteilzeitregelung bestand nun bis zum 31.Dezember 2009 mit Ausnahme der Überforderungsklausel kein gravierender Unterschied zwischen Beamten und Angestellten, so dass es hier in der SR-L keiner eigenständigen Regelung bedurfte. Nach Auslaufen der Bezuschussung durch das Arbeitsamt und Einführung einer eigenen Altersteilzeitregelung für die Beamten des Freistaates Bayern hat sich dies geändert. Für Kirchenbeamte an den Schulen gibt es weiterhin die uneingeschränkte Möglichkeit der Altersteilzeit, für die angestellten Lehrer nach dem 1.Januar 2010 jedoch nicht mehr. Der Antrag der Dienstnehmerseite in der „Ständigen Arbeitsgruppe Lehrer“, die Beamtenregelung auch für die angestellten Lehrkräfte an den kirchlichen Schulen zu übernehmen, stellt nach dem vorhergehend Gesagten keine Bevorzugung einer bestimmten Gruppe innerhalb der kirchlichen Angestellten dar, sondern eine konsequente Fortführung des eingangs erwähnten Beschlusses der Freisinger Bischofskonferenz zur Vergleichbarkeit der arbeitsvertraglichen Regelungen mit den Regelungen und Leistungen des Staates für seine Lehrer. Es kann nicht angehen, dass Regelungen, die hinter dem ABD zurückbleiben, ohne große Diskussion für die Lehrer gelten sollen, aber Regelungen, die darüber hinausgehen, wegen ihrer etwaigen Signalwirkung von vornherein abgelehnt werden.
Die Dienstgeberseite hat inzwischen trotz der vorher dargelegten Begründung wiederholt signalisiert, dass sie einer ATZ für Lehrkräfte nach dem Beamtenmodell nicht zustimmen wird und zwar aus folgenden Gründen:
- Sparzwänge
- „Signalwirkung“ für andere Berufsgruppen innerhalb des ABD, v.a. im Hinblick auf Religionslehrer
Unserer Meinung nach sind beide Gründe nicht überzeugend und auch gar nicht haltbar:
Geht man davon aus, dass ungefähr 5000 kirchliche Lehrkräfte inzwischen ca. 6 Jahre lang 3 Wochen-Stunden mehr Arbeit geleistet haben als sie als ABD-Angestellte eigentlich müssten (Wochenarbeitszeit eines Beamten: 42 Stunden, eines ABD-Angestellten: 39 Stunden), so ergeben sich damit 5000*6*52*3 = 4.680.000 geleistete Mehrarbeitsstunden von Seiten der Lehrkräfte.
Geht man von ca. 15 € für eine Lehrer-Zeitstunde aus (was wohl eher unter- als übertrieben ist) so haben die kirchlichen Schulen damit insgesamt 4.680.000*15 € = 70.200.000 € gespart!
Rechnet man überschlägig mit Mehrkosten von ca. 40.000 € für einen nach dem Beamtenmodell in ATZ befindlichen Lehrer, so könnten damit 1755 Lehrkräfte kostenneutral in ATZ gehen, das wären bei dem Anfangswert von 5000 Lehrkräften 35%, d. h. mehr als ein Drittel. Geht man davon aus, dass nicht alle davon Gebrauch machen würden, so hätte man damit über einen längeren Zeitraum hinweg alle Anträge genehmigen können. Diese Zahlen sind natürlich nur Schätzungen der Dienstnehmerseite, aber sicherlich untertrieben!
Der Streit um die ATZ für die Lehrkräfte an kirchlichen Schulen ist kein kleines Randproblem, sondern betrifft das Selbstverständnis der StAGL im Kern, nämlich die Frage, was die „Richtschnur“ für die weitere Arbeit in der StAGL sein soll.
Bisher hat die StAGL mit der Erarbeitung der SR-L versucht, entsprechend dem Auftrag der Bischöfe möglichst nahe am verbeamteten bayerischen Lehrer Beamtenrecht in Angestelltenrecht zu transformieren, das ABD war gleichsam nur die arbeitsrechtliche „Hülle“ darum. Mit der Tatsache, dass hier der Anspruch der Lehrkräfte auf eine ATZ nach dem Beamtenmodell ohne nachvollziehbare Gründe abgelehnt wird, ist für die StAGL die Frage verknüpft, ob auf Dienstgeberseite die „Richtschnur“ immer noch die Nähe zum bayerischen Beamten ist, oder ob einzig das ABD und damit der TVöD/VKA (nicht der TVöD/Land!) in seiner ganzen Breite und uneingeschränkt für unsere weitere Arbeit Basis sein soll. Das neue Dienstrecht des Freistaats Bayern für seine Beamten ist dafür der Prüfstein, denn ohne diese grundlegende Entscheidung macht es für die StAGL keinen Sinn mehr, dieses neue Dienstrecht in die bestehende SR-L einzubauen.
Es wurde im Weiteren nur noch die „Anpassung der Vorschriften über das Entgelt an die durch die Dienstrechtsreform geänderten neuen beamtenrechtliche Vorschriften“ für alle Schularten beschlossen, damit die Lehrkräfte ab 1.1.2011 ihr dem neuen Besoldungssystem zugeordnetes Entgelt bekommen.
Einen Vorgriff auf die Anpassung der SR-L an das neue Dienstrecht bedeutet dies jedoch nicht.
München, 12. November 2010
Klaus Jüttler und Dr. Christian Spannagl, Dienstnehmervertreter in der Ständigen Arbeitsgruppe Lehrer (StAGL)