Arbeitsvertragsrecht in Bayern konsensfähig erhalten

Bilanz der 6. Amtsperiode aus der Sicht der Mitarbeiterseite – Die 6. Amtszeit der Bayerischen Regional-KODA seit Oktober 2003 mit inzwischen 25 Vollversammlungen war die bislang größte Bewährungsprobe für den „Dritten Weg“ in den bayerischen Diözesen. Die Amtszeit hatte mitten in einer Zeit des finanziellen Umbruchs begonnen. Am Anfang stand ein massive Druck der DienstgebervertreterInnen auf eine Verringerung des Niveaus des ABD-Tarifs, dem allerdings von Mitarbeiterseite standgehalten wurde. Mit einer zugestandenen Verringerung des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes in den Jahren 2004 und 2005 sah die Mitarbeiterseite das von der Dienstgeberseite geforderte Einsparvolumen für mehr als erfüllt an.

Übernahme der Tarifreform

Hauptaufgabe war in dieser Amtszeit die Umsetzung der großen Tarifreform des öffentlichen Dienstes in das kirchliche ABD-System. Sie begann bereits mit der Erstellung einer kirchlichen Prozessvereinbarung, die von Mitarbeiterseite initiiert wurde. Ausschlaggebend war für die Mitarbeiterseite die weitere Anbindung an das System des öffentlichen Dienstes, um kirchlichen MitarbeiterInnen ein gleiches Leistungsniveau wie im öffentlichen Dienst zu gewähren. Es folgten mehrere Übernahmebeschlüsse, mit denen der Übergang vom alten BAT-System in das neue TVöD-System („Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes“) abgesichert wurde. Die Übernahme des TVöD in das ABD erfolgte anfangs unter Berücksichtung der 3 im ABD bestehenden Beschäftigtengruppen: Arbeiter, Angestellte und pädagogische Angestellte im Kindertagesstättenbereich. Für die ArbeiterInnen und Angestellten wurde das System des TVöD in der Fassung Bund übernommen, für das pädagogische Personal im Kindertagesstättenbereich war hinsichtlich des Entgelts und der Arbeitszeit TVöD-VkA (kommunale Fassung des TVöD) maßgeblich. In einem weiteren Schritt wurde geklärt, dass die Regelungen des TV-L (Tarifvertrag Länder) in der Fassung des Freistaates Bayern nicht zur Anwendung kommen. Dafür wurde generell auf das TVöD-VkA-System verwiesen, das für alle MitarbeiterInnen bei kommunalen Arbeitgebern im Freistaat Bayern gilt. Damit sind die kirchlichen Beschäftigungsverhältnisse in Zukunft mit denen bei kommunalen Einrichtungen wie Stadt, Gemeinde oder Landkreis vergleichbar. Die Übernahme dieses Systems hat für viele Beschäftigte zur Folge, dass sie eine höhere Endstufe (Stufe 6) erreichen können.

Im Zuge der Tarifübernahme wurden eigene Überleitungsregelungen beschlossen. Die Übernahme erfolgte in einem ausgefeilten Verfahren, wobei kirchliche Besonderheiten aus dem alten ABD-Recht in das neue ABD-System übernommen wurden. In einer eigenen Präambel wurden die seit 1995 erfolgten „Grundsatz- oder Übernahmebeschlüsse“ aufgehoben, gleichzeitig aber die zukünftige VkA-Ausrichtung des ABD festgelegt.

Im Zuge der Umstellung konnten verbesserte Besitzstandsregelungen gegenüber dem öffentlichen Dienst erreicht werden, vor allem bei der Frage der Anerkennung von Kindern im Ortszuschlag. Für die kircheneigenen Berufsgruppen wurden eigene Zuordnungen zu den Entgeltgruppen sowie kircheneigene Strukturausgleichsregelungen geschaffen, für einige Berufsgruppen kircheneigene Mehrfachaufstiegsregelungen.

Im Bereich des pädagogischen Personals in Kindertagesstätten, die durch die Anwendung des TVöD-Systems teilweise benachteiligt würden, wurde ein kircheneigener Herabgruppierungsschutz für LeiterInnen geschaffen.

Die TVöD-Struktur wirkte sich auch auf alle weiteren bisher bestehenden Regelungen und kirchenspezifischen Dienstordnungen (Mesner, Kirchenmusiker, Gemeindereferenten, Erwachsenenbildung und Jugendbildung) des ABD aus. Aus diesem Grund sind alle Dienstordnungen an die neue Struktur angepasst worden, ebenso alle weiteren kircheneigenen Regelungen wie Arbeitszeitkonto und Sabbatjahrregelung.

Vermittlungsverfahren und Schiedsverfahren

Im Zuge der Übernahme der Tarifreform wurden lange Zeit zwei Fragen behandelt, die in der KODA nicht geklärt werden konnten, so dass in beiden Fällen ein Vermittlungsverfahren stattgefunden hat.

Ein großes Problem stellte die Frage der Rechtsfolgen beim Arbeitgeberwechsel dar. Beschäftigte, die den Arbeitgeber wechseln (dies ist ja bereits bei einem Wechsel von einer Kirchenstiftung zur anderen der Fall), werden im neuen TVöD-System im Gegensatz zu früher erheblich benachteiligt. Die volle Mitnahme von Beschäftigungszeiten und Besitzständen bei Arbeitgeberwechsel konnte nicht erreicht werden. Durch die Annahme eines Vermittlungsvorschlages konnte zumindest ein Teilerfolg erzielt werden. So können innerhalb einer Diözese zumeist Eingruppierung, Einstufung und Besitzstände Kind ganz oder teilweise mitgenommen werden.

Noch schwieriger war es bei der Frage der „Kinderkomponente“, also der Frage der Gewährung von kinderbezogenen Entgeltbestandteilen auch für neue MitarbeiterInnen und/oder neu geborenen Kindern. Die Mitarbeiterseite hatte von Anfang an auf eine solche Regelung gedrängt, war sogar bereit, die Mittel dafür aus Anteilen des Leistungstopfes zu bestreiten. Diese politisch brisante Frage, die über die Bayerische Regional-KODA hinaus auch auf Bundesebene kirchenpolitisch heiß diskutiert wurde, wurde ebenfalls im Vermittlungsausschuss, anschließend sogar erstmalig in der neu geschaffenen Schiedsstelle der Bayerischen Regional-KODA behandelt. Allerdings konnte trotz einer Annäherung beider Seiten am Schluss keine konsensfähige Regelung erreicht werden, so dass es im Gegensatz zu anderen KODAen im Bereich der Bayerischen Regional-KODA in nächster Zukunft keine Kinderkomponente geben wird.

Leistungsentgelt

Die Frage der Leistungskomponente konnte noch nicht zum Abschluss gebracht werden, da viele Vorbehalte gegenüber einer Leistungsbeurteilung im seelsorglichen Bereich bestehen und hier auch bislang kaum Erfahrungen gemacht wurden. Allerdings erfolgte eine Festlegung der Entgeltbestandteile des Leistungstopfes; dazu konnte eine umfassende Regelung erreicht werden, mit der die volle Ausschüttung des vereinbarten Leistungsvolumens an alle MitarbeiterInnen bis 2012 sichergestellt worden ist. Bezüglich einer echten Leistungsbezahlung wurde eine Projektphase sowie die Einführung eines jährlichen Mitarbeitergespräches in das kirchliche System vereinbart. Es wird eine der Hauptaufgaben in der nächsten Amtsperiode sein, hier entsprechende Regelungen zu schaffen. Unabhängig davon wurde klargestellt, dass die bis 2012 vereinbarte Regelung dann bestehen bleibt, wenn es in der Bayerischen Regional-KODA nicht zur Einführung einer individuellen Leistungsbezahlung kommt.

Soziale Ausrichtung des ABD

Die Mitarbeiterseite hat die – im VkA-Tarif gegenüber dem TV-Land in geringerem Maße bestehende – soziale Ausrichtung angemahnt. In einer neu geschaffenen Arbeitsgruppe „Soziales“ will sie eine Stärkung des sozialen Charakters des ABD erreichen. Auch diese Thematik dürfte eine der Hauptaufgaben in der nächsten Zeit werden.

Zentral-KODA-Beschlüsse

Die Bayerische Regional-KODA hat sich ebenfalls – wie vorgeschrieben – mit den Beschlüssen der Zentral-KODA befasst. Hier ist die Entgeltumwandlungsregelung zu nennen, dazu noch eine Regelung zu Rechtsfolgen bei Arbeitgeberwechsel. Beiden Regelungen hat die Bayerische Regional-KODA zugestimmt; die Regelung zum Arbeitgeberwechsel konnte bislang noch nicht in Kraft treten, da aus der Diözese Speyer ein Einspruch erfolgt ist.

Weitere KODA-Regelungen

Als weitere wichtige Regelungen sind zu nennen: die Richtlinie für Arbeitsverträge, die neu gestaltet und auf kirchenspezifische Bestandteile des Arbeitsvertrages reduziert wurde. Die Ballungsraumzulage wurde weiterhin entsprechend der Regelung des Freistaat Bayern übernommen und die Altersteilzeitregelung sowie die Regelung zur betrieblichen Altersvorsorge entsprechend den Änderungen neu gefasst. Die Einmalzahlungen 2006 und 2007 wurden analog dem öffentlichen Dienst (Bund) beschlossen. Zum Beschluss der Zentral-KODA zur Entgeltumwandlung wurden in mehreren Sitzungen Ergänzungen vorgenommen, mit denen die Zentral-KODA-Regelung auf die bayerischen Verhältnisse adaptiert worden ist.

Die Verabschiedung der Reisekostenordnung und zusätzlicher Regelungen zur freiwilligen betrieblichen Altersvorsorge sind ebenfalls als wichtige Beschlussmaterien zu nennen. Im Bereich der freiwilligen Altersversorgung ist vor allem das zusätzliche Angebot der Entgeltumwandlung über die Versicherungskammer Bayern zu nennen, das nun neben dem Anbieter Bayerische Versorgungskammer besteht.

ReligionslehrerInnen

Im Bereich der ReligionslehrerInnen ist die (staatlich bedingte) Erhöhung des Pflichtstundenmaßes zu nennen. Hierbei wurde geklärt, dass das bisher geltende „Abstandsgebot zum Pflichtstundenmaß von Volksschullehrern“ auch in Zukunft beibehalten wird. Soweit im staatlichen Bereich eine Erhöhung oder Verringerung des Pflichtstundenmaßes erfolgt, wird dies auch im kirchlichen Bereich so übernommen. Die Dienstordnung für ReligionslehrerInnen ist inzwischen ebenfalls in erster Lesung verabschiedet.

ErzieherInnen

Keine Novellierung der Dienstordnung wurde für die MitarbeiterInnen in den Tageseinrichtungen für Kinder erreicht. Hauptstreitpunkt ist hier die Frage der Verfügungszeit. Das neue BayKiBiG (Bayerisches Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz) hat erhöhte Forderungen an die LeiterInnen und das weitere pädagogische Personal gestellt, das sich arbeitsrechtlich bislang nicht in einer Verbesserung der Verfügungszeit niederschlägt. Die Mitarbeiterseite hat auf die politischen Fehler, die im Vorfeld begangen worden sind, hingewiesen. Dieser Themenkomplex wird in der neuen Amtszeit ebenfalls vorrangig sein.

Empfehlungen an die Freisinger Bischofskonferenz

Die Bayerische Regional-KODA hat auch strukturell an der Ausgestaltung des Dritten Weges mitgearbeitet. In einer Arbeitsgruppe wurde im Anschluss an die letzte KODA-Wahl eine Novellierung der KODA-Ordnung und der KODA-Wahlordnung erarbeitet und den Bischöfen als Empfehlung vorgelegt. Auch die Einführung einer Schiedsstelle als Alternative zum Letztentscheidungsrecht der Bischöfe ist auf die Initiative und Empfehlung der Bayerischen Regional-KODA zurückzuführen. Ebenfalls wurde der Freisinger Bischofskonferenz eine Empfehlung für eine „Erklärung der bayerischen Bischöfe zum ABD“ gegeben, die im Zuge der Umstellung auf das neue TVöD-System von den bayerischen Bischöfen in Kraft gesetzt wurde.

Aufgaben der Bayerischen Regional-KODA im Ordnungsbereich

Beschlossen wurde eine Freistellungsregelung für die von den Lehrkräften an kircheneigenen Schulen zu wählenden KODA-MitarbeitervertreterInnen. Weiter wurden die Vorsitzenden und die Beisitzer des Vermittlungsausschusses und der Schiedsstelle bestimmt beziehungsweise gewählt.

Besondere Veranstaltungen

Als Referent war Dr. Augat, Geschäftsführer des Kommunalen Arbeitgeberverbandes zum Thema Tarifreform bei einer Vollversammlung zu Gast. Ein Studientag mit den Referenten Prof. Wilhelm Dütz, Dr. Heribert Staudacher, Dr. Martin Fuhrmann und Peter Böck, Vorsitzender Richter am Bundesarbeitsgericht, zum Thema „Weiternetwicklung des Dritten Weges in den bayerischen (Erz-)Diözesen“ wurde durchgeführt. Die Referate sowie die Diskussionsbeiträge werden demnächst in einem Sonderband veröffentlicht.

Im Rahmen des 25-jährigen Jubiläums der Bayerischen Regional-KODA konnten ebenfalls Gäste aus den verschiedensten für die Arbeit der KODA bedeutsamen Bereichen geladen werden.

Dr. Joachim Eder